Wer sich wehrt, kann – manchmal – sein Zuhause behalten
Eigentümer der Mietwohnungen: ALW Immobilien GmbH
Das Haus
Früher gehörte das Haus Arndtstraße 38 einer „alten Dame“ aus Charlottenburg. Die ließ mal die Fenster ersetzen, ansonsten blieb alles wie gehabt. Auch der Mietzins. Deren Enkelin erbte das Haus und verkaufte es an eine Immobilienfirma, die es bald weiterverkaufte.
2010 übernahm die ALW Immobilien GmbH das Haus. Durch die beantragte und genehmigte Abgeschlossenheitsbescheinigung durch das Bezirksamt schuf die Eigentümerin die Voraussetzungen, die Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln.
Die Mieter
Ankündigung von Sanierungsmaßnahmen
Die Mieter*innen des Hauses erhielten dann vom aktuellen Eigentümer ALW zunächst folgendes schriftliches Angebot:
„Sehr geehrte [Mieter], wir würden Ihnen für Ihren Auszug pauschal einen Betrag von 6.000,– € bieten. Wir würden uns an dieses Angebot (….) für die nächsten zwei Monaten gebunden halten. Wir empfehlen dringend einen Auszug Ihrerseits, da wir die Wohnungen besser in einem leeren Zustand sanieren können. Sollte es bis Mitte des Monats zu keiner Einigung kommen, werden wir Ihnen für die Zeit [danach] zwei Termine zur Handwerkerbegehung benennen, damit wir die Modernisierungsankündigung vorbereiten können. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass wir in diesem Fall unser Angebot von 6.000,– € nicht aufrecht erhalten werden.“
Zum angekündigten Begehungstermin kamen zwei Personen, diese drohten nur: „Wenn Sie nicht…, dann müssen Sie damit rechnen, dass.!“
Drohmittel Mietaufhebungsvertrag
„Die beiden Beauftragten nehmen zunächst einen Rundgang durch die Wohnung vor und notieren Ausstattungsmerkmale auf einem Zettel, ein gefaltetes A4-Blatt, das eher Schmierzettelcharakter hat. … Einer erweist sich als der „Bad Cop“ im „Good Cop – Bad Cop“-Spiel und versucht – aus Sicht der Mieter – verbal massiven Druck auf den Mieter auszuüben. Die beiden schaukeln sich gegenseitig in eine sehr aggressive Stimmung mit dem Tenor hoch, „Wenn Sie nicht innerhalb der nächsten vier Wochen einem Mietaufhebungsvertrag zustimmen, müssen Sie mit Konsequenzen rechnen, dann stehen hier innerhalb kürzester Zeit die Handwerker und fangen an, Ihre Wohnungen zu sanieren, und wir erhöhen auf jeden Fall Ihre Mieten“.
(Gedächtnisprotokoll einer anwesenden Journalistin)
„Das ist meine Wohnung“
Bei jedem Besuch des Vermieters bei den Mieter*innen waren immer mehrere die Rechte der Mieter*innen unterstützende Personen anwesend. Dank der Stadtteilinitiative „Wem gehört Kreuzberg“ wurden die Mieter*innen umfangreich über ihre Rechte informiert und erfuhren bei gemeinsamen Aktionen viel Solidarität aus der Nachbarschaft. Über Presseartikel entstand Öffentlichkeit.
Standhafte Mieter*innen bleiben, andere ziehen aus
Zwei Mietparteien konnten dem enormen Druck seitens der ALW nicht widerstehen und sind ausgezogen, zwei Familien sind aus anderen Gründen ausgezogen, und der Heilpraxis wurde der Gewerbemietvertrag nicht verlängert. Von den neuen Wohnungseigentümer*innen, die die frei gewordenen Wohnungen bezogen, war der Zuspruch groß: „Wir sind sehr froh, in einem Haus zu leben, wo Mieter und Eigentümer Platz finden, und wir wollen gern so weitermachen. Wir sind alle gegen Immobilien-Spekulation!“
Inzwischen besteht das Haus aus 6 Eigentumswohnungen und 4 Mietwohnungen (Vermieter: ALW) und alle leben sehr gut im Haus zusammen.
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